Mittwoch, 17. April 2024

"Statistisches über Texas"

 Denkt man an den "Cowboy-Staat" Texas, denkt man zuallererst an riesige Rinderherden, an Viehtrecks, die Open Range, und an wilde Pferde. Das alleine sagt aber wenig darüber aus, wie die Wirtschaft im "Wildwest"-Texas wirklich aufgestellt war. Wieviele Rinder gab es denn genau in Texas, wie viele Pferde wurden gezüchtet, und mit welchen texanischen Waren wurde sonst so gehandelt?

Darum freut es mich immer, beim Durchstöbern alter Zeitungen aus der Wild-West-Ära auf Artikel wie diesen zu stoßen Die deutschsprachige "Freie Presse für Texas" aus San Antonio veröffentlichte am 21. April 1881 unter dem Titel "Statistisches über Texas" Auszüge aus einer Broschüre, die "Der Präsident der südwestlichen Einwanderungscompagnie von Texas, Wm. W. Lang", zusammengestellt hatte. In ihr hatte Mr. Lang diverse Zahlen, Fakten und Daten über die texanische Wirtschaft zusammengestellt, darunter unter anderem auch diese Liste für das Jahr 1878:


Quelle: Texas Digital Newspaper Program in The Portal to Texas History. University of North Texas Libraries. accessed April 17, 2024

Demnach war auch 1878 noch Baumwolle das wertvollste Exportgut; "die ganze Welt consumiert  [sic]ungefähr 12.000.000 Ballen Baumwolle jährlich," schreibt die Freie Presse. "Diese gesamte Summe könnte auf 19.000 Quadratmeilen in Texas gezogen werden. Das Areal von Texas beträgt 274.356 Quadratmeilen". Worüber sich der Beitrag ausschweigt (wohl um potentielle Einwanderer nicht zu verschrecken) ist, wie viel von dem Areal auch für den Anbau von Baumwolle geeignet ist. Baumwollplantagen waren in der Tat ein wichtiger Teil der texanischen Wirtschaft, doch fast nur die nördlichen Regionen des Staates eigneten sich auch dafür.

Natürlich dürfen die Rinder und Pferde nicht unerwähnt bleiben: Demnach befänden sich in TExas zu der Zeit geschätzt 4.464.000 Rinder in einem Wert von 39.640.320$ in Texas. Pferde sind in den Exportstatistiken eher gering, was laut Zeitung daran läge, dass "Die guten Pferde [...] in Texas selbst verbraucht [werden].". Mit 963.000 Tieren in Texas gäbe es nur einen Staat der Union, der diese Zahl noch überbietet: Illinois! Das mag im ersten Moment überraschen, aber Illinois galt als das Herz der amerikanischen Rennpferdezucht, der Staat benötigte für seine zu diesem Zeitpunkt sehr fortgeschrittene Industrialisierung zahlreiche Arbeitspferde für Transporte und dergleichen, und zu diesem Zeitpunkt mit Oaklawn Farm die größte Pferdezucht der Welt in Illinois.

Doch eine andere Tierart sollte Pferde und auch Rinder 1878/79 in Texas weit übertreffen: Schafe!

Quelle: Texas Digital Newspaper Program in The Portal to Texas History. University of North Texas Libraries. accessed April 17, 2024

Ja, Schafe! Waren 1860 noch weniger als 800.000 Schafe in Texas gezogen worden, schwoll deren Zahl bis zum Jahr 1879 auf 5.148.700 Tiere an! "Jetzt ist Texas der zweit[größt]e Wollzüchterstaat der Union", schreibt die Freie Presse; nur in Kalifornien (7.646.800) gäbe es zu diesem Zeitpunkt noch mehr Schafe. Um 1880 herum hatte sich der große Rinderboom merklich abgekühlt, und Texas bekam das als einer der ersten Staaten deutlich zu spüren. Schafe waren im Vergleich zu Rindern leichter auf engerem Raum zu halten, warfen mit Wolle ein Ertragsprodukt ab ohne sie schlachten zu müssen und vermehrten sich schneller; während gerade in den späten Jahren des Rinderbooms nur noch reiche, große Rancher sich einträgliche, riesige Herden leisten konnten, war es für weniger gut betuchte Siedler (und auch einige umsattelnde Viehzüchter) einfacher, auf Schafzucht zu setzen. Das ging nicht immer reibungslos vonstatten und sollte in den kommenden Jahren in den sogenannten "Sheep Wars" gipfeln; dazu erzählen wir aber ein anderes Mal mehr.

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