Das moderne Hollywood und der Western der Tonfilmzeit hat in den Köpfen eines modernen Publikums ein sehr "weißgewaschenes" Bild des Wilden Westens entstehen lassen: Ab den 1920er Jahren wurde "Segregation" zwischen Afroamerikanern und Amerikanern europäischer Abstammung auch in der Filmindustrie immer stärker betrieben. Zwar existierten gelegentlich auch "schwarze" Western, aber da Filmstudios für ein Afroamerikanisches Publikum meist weit schlechter finanziert waren, konnten diese sich die oft Actiongeladenen, aufwändig zu produzierenden Westernfilme nicht leisten.
Dabei gab es durchaus schwarze Cowboys. Nicht nur dass: In der Zeit er Wildwest-Zirkusshows und frühen Rodeo-Ära waren oft Cowboys Afroamerikanischer Abstammung die Stars der Show. Ein eindrucksvolles Beispiel ist Bill Pickett, Sohn einer freigelassenen Sklavin, ein mehrfach ausgezeichneter Rodeo-Reiter und einer der Stars des Wildwest-Zirkus der 101 Ranch, der aufgrund seiner robusten Statur und seinem durchsetzungskräftigen Wesens auch als der "Bull-Dogger" bekannt wurde. Tatsächlich wurden auf dem Gelände 101 Ranch auch sehr viele Western produziert - und Bill Pickett war in wenigstens einem dieser Filme der Star!
Bill Pickett, "The Bull-Dogger". Filmplakat ca 1921/1922 |
Viel ist über diesen Film leider nicht bekannt; das Filmmaterial aus jener Zeit war sehr hitze-, lichtm und witterungsempfindlich, und der größte Teil der vor 1930 produzierten Hollywoodfilme gilt heute als unwiederbringlich verloren. Es sind aber einige Ausschnitte aus "The Bull-Dogger" erhalten geblieben, die in erster Linie Pickett's Rodeokünste zur Schau stellen.
Die 101 Ranch war zeitweise einer der größten Ranchbetriebe in den USA. Auf ihrem Gelände wurde nicht nur eine weltweit bekannte Wildwest-Show aufgeführt: Die Ranch hielt auch 500 Bisons, die in diversen Westernfilmen dieser Zeit zur Schau gestellt wurden, und das Land war zum Teil von den in Oklahoma ansässigen Ponca oder Cherokee gepachtet, die auf der Ranch arbeiten und auf dem Gelände ihren traditionellen Lebensstil ausüben konnten. Natürlich diente das im Sinne der 101 Ranch auch dem Interesse der Show - aber dennoch war es in der Zeiten eine alles andere als übliche Praxis, und für viele Natives eine der besten Möglichkeiten, Geld zu verdienen und gleichzeitig ihre gewohnte Kultur zu erhalten.
In den 1920er Jahren stieg die 101 Ranch auch selbst ins Filmgeschäft ein und produzierte eigene Spielfilme. Wenigstens einer davon (The Big Show, 1926) ist auch heute noch erhalten geblieben. Leider habe ich keine Möglichkeit gefunden, diesen Film hier im Blog einzubetten; der 75-minütige Stummfilm-Streifen kann aber im Rahmen der amerikanischen National Film Preservation Foundation komplett und registrierungsfrei online angesehen werden!
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