Mittwoch, 18. September 2024

4000$ - Tot oder lebendig!

 Die meisten "Wanted"-Plakate, die man bei oberflächlichen Suchen im Internet zu sehen bekommt, tragen unfassbar inflationäre Kopfgeldsummen von oft mehreren Tausend Dollars. Tatsächlich betrugen Kopfgelder selten mehr als einige wenige Hundert - selbst auf den berüchtigten "Billy The Kid" wurden nach seiner Flucht aus dem Gefängnis 1881, "nur" 500 Dollar ausgeschrieben und bei dieser Flucht hat er immerhin drei Menschen getötet. Die Summe ist aber gar nicht gering,  wenn man bedenkt, dass ein Dollar im Jahr 1881 nach heutigen Verhältnissen eine Kaufkraft von mehr als 30 Dollar hätte.

Es gibt aber auch Ausnahmen, und eine davon gilt niemand geringerem als dem wohl tödlichsten Revolverhelden seiner Zeit: John Wesley Hardin.

Im Januar 1875 beschloss der Senat von Texas, angestoßen vom Gouverneur höchstpersönlich, mit einer überwältigenden Mehrheit von 69 zu 9 Stimmen, dass der Staat Texas auf die Ergreifung John Wesley Hardin ein Kopfgeld von 4.000$ aussetzen würde - tot oder lebendig! Zu diesem Zeitpunkt wurden Hardin bis zu 27 Morde zugeschrieben. Nach einigen modernen Schätzungen könnte die Zahl bei bis zu 42 liegen - die meisten davon in einem Zeitraum von weniger als sechs Jahren.

reward for Hardinreward for Hardin 21 Jan 1875, Thu The Austin Weekly Statesman (Austin, Texas) Newspapers.com

Montag, 9. September 2024

6.7. Juli 1900: Zum Duell aufgefordert - und die Waffe vergessen

 Am 6. Juli 1900 kam Warren Earp bei einer Schießerei in Willcox (Arizona) ums Leben. Der jüngste Bruder des berüchtigten Wildwest-Marshals Wyatt Earp gegen ein Uhr morgens in einem Saloon mit dem Cowboy Johnny Boyett in Streit geraten und hatte jenen aufgefordert, seine Waffe zu ziehen - hatte im Suff jedoch vergessen, dass er selbst keinen Revolver bei sich trug. Der folgende Schusswechsel nahm ein einseitiges, vorhersehbares - und für Warren Earp fatales - Ende.

Der Vorfall wurde von zahlreichen Zeitungen in als auch außerhalb von Arizona aufgegriffen. Interessanterweise ist der Tenor der Artikel ziemlich einseitig: Der junge Earp neigte dazu, sich zu betrinken und im Suff ausfällig zu werden. Speziell mit Boyett sei Warren schon lange im Clinch gelegen, er habe diesen oft angefeindet, beleidigt und schikaniert. Boyett selbst sei hingegen nie auf Streit aus gewesen, habe aber in dem Moment, in dem Warren Earp ihn herausforderte, aufrichtig um sein Leben gefürchtet. "Boyett, hol deine Waffe, wir regeln die Angelegenheit hier und jetzt!" soll Warren Earp laut Zeugen gerufen haben, "Ich hab meine Waffe, geh du und hol deine!" Am Ende stellte sich heraus, dass Warren Earp nur ein "kleines, halb geöffnetes Taschenmesser" bei sich hatte - davon abgesehen "nichts, was man als Waffe hätte verwenden können."

Warren EarpWarren Earp 10 Jul 1900, Tue The Arizona Republic (Phoenix, Arizona) Newspapers.com

Western-Duelle haben im Film oft fast schon noble Anklänge, bei denen Gut gegen Böse antritt, Recht oder Ehre verteidigt werden müssen, kaltblütige oder kaltschnäuzige Begegnungen zweier gestandener Revolverhelden auf offener Straße unter strahlenden Himmel. Die Realität sah meist sehr anders aus: Die meisten Duelle waren hektische, meist spontane Schusswechsel zwischen zwei, meist angetrunkenen, Streithähnen - und nicht selten hatte nur einer von beiden auch eine Waffe dabei.


Montag, 2. September 2024

12. März 1884: "Eine blutige Tragödie" - Hinterhalt im Vaudeville-Theater

 In der Nacht vom 11. auf den 12. März 1884 wurden die beiden berüchtigten Revolverhelden (und zweitweise Gesetzeshüter) Ben Thompson und King Fisher bei einem Hinterhalt im Vaudeville Theatre von San Antonio getötet. Am Tag darauf berichtete die Tageszeitung "San Antonio Light" ausführlich über den Vorfall. 

Quelle: Texas Digital Newspaper Program in The Portal to Texas History. University of North Texas Libraries. Accessed August 31st, 2024

Der Artikel geht noch deutlich weiter und nimmt fast die gesamte Titelseite der Ausgabe (und Folgebeiträge auf den weiteren Seiten) ein. Doch obwohl dem Geschehen so viel Platz eingeräumt wird, und obwohl das Vaudeville Theatre an jenem Abend sehr gut besucht war und zahlreiche Zeugen einen Streit zwischen Thompson und Joe Foster (einem der Betreiber des Etablissements) gesehen und sogar mit wörtlichen Zitaten belauscht haben wollen - den genauen Schusswechsel, oder wer zuerst zur Waffe gegriffen haben soll, will keiner wirklich gesehen haben.

Im Nachgang gilt als gesichert, dass weder Thompson noch Fisher eine einzige Kugel abgefeuert haben - die beiden kamen wahrscheinlich nicht einmal dazu, eine Waffe zu ziehen. Sehr wahrscheinlich hatten Foster und einige andere Gäste des Vaudeville Theatre vielmehr die Gelegenheit genutzt, den bei ihnen unbeliebten Thompson (der ein Jahr zuvor Jack Harris, den vormaligen Besitzer des Vaudeville Theatres, erschossen hatte, angeblich in seiner Tätigkeit als Gesetzeshüter) beiseite zu schaffen, und ihm daher dort in einen Hinterhalt gelockt - King Fisher, der lediglich seinen Freund Thompson begleiten wollte, war dabei mit in den Kugelhagel geraten.

Der Artikel erwähnt, dass auch Joe Foster bei dem Schusswechsel verwundet wurde. Hinterher sollte sich herausstellen, dass er sich höchstwahrscheinlich im Eifer des Gefechts beim Ziehen seiner Waffe ins Bein geschossen hatte. Infolgedessen sollte Foster ebenfalls einige Tage später aufgrund von Wundbrand sein Leben lassen.

20. November 1903: Tom Horn wird gehängt

 Tom Horn hatte ein überaus bewegtes Leben hinter sich: Mit 14 verließ er das Elternhaus in Missouri, um sich zunächst als Kutscher in Kansa...